Column

Madhavi & das Leben // Urlaub ohne Kämpfe

26. Juli 2021
madhavi-guemoes

Ich befinde mich gerade im wilden Nichts und tanze auf Heuballen herum. Mitten in Dänemark auf dem Land. Um mich herum nur weite Felder, Stille und ein Hahn, der ständig zu unmöglichen Zeiten kräht. Wenn ich meinen Podcast aufnehme zum Beispiel. Aber ansonsten ist es hier verdammt ruhig, ein Genuss.

Berlin macht mich seit einiger Zeit wahnsinnig, was vielleicht auch daran liegt, dass direkt neben meinem Garten seit einem Jahr eine Autowaschanlage zugegen ist, die mir sechs Tage die Woche mit einem höllischen Krach jeglichen Nerv raubt. Vom Dreck, der täglich in die Luft geschleudert wird ganz zu schweigen. Sämtliche Bewohner meiner Straße haben sich zusammengetan, um das zu ändern, aber bisher ohne Erfolg. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie anstrengend der Lärm für unsere Nerven ist.

Berlin ist nicht für ewig

Ich mag Berlin sehr, aber ich denke, wenn meine Kinder die Schule beendet haben, werde ich entweder an den Stadtrand ziehen oder ins Ausland. Ich tippe auf letzteres. Ich bin enorm verhaftungslos und habe kein Problem, meine Zelte abzubrechen, wenn die Zeit gekommen ist. Nach Hamburg wird es auf jeden Fall nicht mehr gehen, das ist sicher.

Berlin ist wundervoll, doch für meine Seele ein hartes Pflaster. Die verkümmert dort richtig. Das merke ich besonders, wenn ich nicht in Berlin bin. Wie heute morgen, als ich mit meinem Hund Stella unterwegs war, mir ein Auto entgegen kam, das Fenster heruntergekurbelt wurde, um mich freundlich zu grüßen. Ich bin jedes Mal unglaublich verwirrt, wenn das passiert, weil ich das absolut nicht mehr gewohnt bin.

Mein Sohn hat sich gleich bei der Ankunft den Fuß verstaucht, es wäre ja auch sonst alles viel zu langweilig geworden. Eigentlich wollte ich mal so richtig abschalten, bekomme aber jede Minute irgendwelche kreativen Ideen, die ich nicht auf später schieben kann und will. Es ist jedes Jahr so, wir fahren in den Urlaub, und ich komme so richtig schön in Fahrt. Mein Mann kennt das schon und lässt mich komplett machen was ich will.

Für fünf Minuten eine normale Familie sein

Heute, am Geburtstag meines Mannes, haben wir für fünf Minuten versucht, eine normale Familie zu sein. Hat nicht geklappt. Wir sind einfach alle so unglaublich unterschiedlich, dass jeder seinen eigenen Interessen nachgeht. Wie oft haben Familien im Urlaub das Konzept, dass alles gemeinsam gemacht werden muss? Die Erwartungen sind hoch und es gibt so viel Leid, weil jeder irgendwie auf seine eigene Art entspannen möchte und es diese Vorstellungen gibt, wie ein Urlaub auszusehen hat. Ich rate ja immer, vorher abzusprechen, welche Bedürfnisse man hat. Hilft!

Mich entspannt es sehr, mich innerhalb meiner Projekte auszutoben und Neues zu kreieren. Das ist Arbeit, aber ich gehe darin auf. Und natürlich nutze ich die Zeit, um sehr viel Kundalini Yoga zu praktizieren. Mein Sohn macht sein Sportprogramm (ja, auch mit verstauchtem Fuß), mein Mann liest, arbeitet oder macht auch ein paar Kundalini Yogaübungen und meine Tochter liest, geht schwimmen oder kreiert Grafiken für ihren Instagram Kanal, der sehr erfolgreich ist. Jeder macht was er will. Und das ist für uns Urlaub.

Er soll doch entspannen und Freude bereiten. Und Kinder in der Pubertät sollte man sowieso einfach komplett in Ruhe lassen, dann hat man ein leichteres Leben. Was nützen Kämpfe? Von Konditionierungen, wie eine Familie zu sein hat, haben wir uns schon in der ersten Minute verabschiedet. Und wenn ich meine Kinder anschaue, hat ihnen das sichtlich gutgetan. Wenn ihr gerade im Urlaub mit der Familie oder Freunden seid, frustriert, weil vielleicht nicht alles so läuft, wie ihr es euch wünscht, lasst eure Vorstellungen los, wie die Norm ist und lasst Fünfe gerade sein.

x Madhavi

Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
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  • Antje
    27. Juli 2021 at 18:42

    Danke! Einfach danke! Ich finde das gilt auch für Paare ohne Kinder. Ich werde immer wieder gefragt warum ich denn meinen Mann einfach so „machen“ lasse. Meine Antwort: Er „lässt“ mich ja auch. Wir haben unterschiedliche Leidenschaften und unterstützen uns dabei diese auch zu leben. So funktioniert es und es ginge gar nicht anders für mich. Wir lieben uns und Freiraum man selbst zu sein, ist das Größte was man in einer Beziehung haben kann. Und wie du sagst, das sollte auch für Kinder gelten.

  • Alex
    30. Juli 2021 at 23:36

    As I am preparing to go first time on my vacation with my new, fresh patchwork family, your post has been just what I needed to read. Thank you for carving time to share your thoughts with us <3

  • Madhavi Guemoes
    31. Juli 2021 at 8:19

    That is so good to hear! Have fun!

  • Marina
    23. August 2021 at 15:25

    Generell ist Kommunikation wie immer das aller wichtigste… kenn das auch sehr gut mit den verschiedenen Interessen beim Urlaub machen.. Während der oder die eine lieber am Strand entspannt, will der oder die andere auf Erkundungstour gehen. Wenn ma das im vornherein klärt, dann klappt der Urlaub auch sehr gut, natürlich sollte man find ich auch Raum für gemeinsame Aktivitäten lassen!

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