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Yoga Botschafter – eine Antihaltung

24. September 2013
Yoga in Palma

Ich kann es ehrlich gesagt nicht mehr hören oder sehen. Mein neues Lieblingshasswort heißt Yoga Botschafter oder wie es auf Englisch so schön klingt: Yoga Ambassador.

Yogalehrer, die ich bisher sehr geschätzt habe, mutieren zu riesigen Yogawerbeflächen. Was vor einem Jahr noch ganz witzig war, artet mir leider ein wenig zu sehr aus. Yogafirmen oder Yoga-Onlineshops suchen sich ganz gezielt Yogalehrer aus, die entweder bekannt/schön und/oder ein Yogastudio besitzen und locken diese mit Produkten, Werbung oder Prozenten, damit sie Werbung für ihre Yogaartikel machen.

Unbekanntere Yogalehrer bewerben sich fleißig/gierig bei den Shops und wenn sie Glück haben, dürfen auch sie deren Produkte durch die Gegend tragen. Ganz klar, Yogalehrer sind natürlich die, die die Ware wunderbar verbreiten können. Eng um den trainierten Körper gekleidet, turnt es sich doch in der hippen Yogahose  ganz anders. Die Teilnehmer sind begeistert und wollen den gleichen Look, wie ihr Yogalehrer.

Der Yogalehrer. Ein günstiger Werbeträger.

Die Firmen zahlen den Lehrern meist nichts, (pardon, hin und wieder bekommen sie ein Outfit umsonst), machen aber Werbung für ihre Retreats, packen sie in ihre Newsletter etc. So haben Lehrer auch etwas davon. Wie nett. Die Yogalehrer fühlen sich natürlich gebauchpinselt, wenn sie von grossen Firmen angeschrieben werden. Egobooster. Auf einmal ist man sehr nah dran, an einer Tara Stiles (auch niveaumässig….oha, das war böse). Es werden die ersten Fotos gemacht und der Yogalehrer, der eben noch wirklich ernst genommen wurde, macht sich zum Volldeppen. Nicht immer. Aber immer öfter. Sah ich doch eben ein Facebookpost von einer bekannten Yogalehrerin aus Amerika. Sie schrieb: Schaut, meine neue Mütze, ist sie nicht schick? Ich mache mich bereit für den Herbst. Natürlich in meinem neuen prAna Outfit.

Die lieben Yogalehrer. Auf einmal sind sie alle Botschafter für irgendjemanden. Sogar Greta aus Hintertupfingen, die schöne Yogakopfbänder schneidert, hat eine Botschafterin. Wie ich hörte, gibt es manchmal auch Kämpfe um die Botschafterjobs. Neid und Mißgunst. Ich finde es schlimm. Dazu diese gut gelaunten Gesichter. Diese gespielte Einheit. Fröhlichkeit. Ständig und überall. Alle haben sich furchtbar lieb. Bei manchen Firmen ist es fast sektenhaft. Gemeinsam werden wir die Yogaweltherrschaft übernehmen. Es bekommt  so eine grosse Bedeutung, was ein Yogalehrer trägt. Keine Frage, in netter Kleidung arbeitet es sich besser, ich liebe nette Yogakleidung –  aber man kann es auch übertreiben.

Als Yogalehrer sollte man sich ganz genau überlegen, was man vermitteln möchte. Ich habe mal mit einer ganz bezaubernden Yogalehrerin Yogakleidung gemacht. Leider konnte ich nicht weitermachen, weil ich im Konflikt war. Ich war Yogalehrerin und hatte ein schlechtes Gewissen, den Teilnehmern meine Yogakleidung anzupreisen. Entweder mache ich Klamotten, will die an die Leute bringen, oder ich bin eine ernstzunehmende Yogalehrerin. (Manchen gelingt geschickt auch beides!) Ich hatte auch kurzzeitig einen Botschafterjob, der fair war. Ich fühlte mich aber in der Rolle nicht wohl. Klar, ist es toll, eine Plattform zu bekommen. Doch nicht um jeden Preis.

Furchtbar, finde ich, wenn die Yogalehrer ihren Hals nicht voll bekommen können. Jeden Tag lese ich: „Hurra, ich bin jetzt Botschafter von soundso. Hier (mit Link) könnt ihr die tollen weichen Biohosen kaufen, mit der ich hier so fröhlich rumhüpfe.“ Sie sammeln Botschafterjobs, wie andere Briefmarken und sind in den Internetforen omnipräsent. Die liebe Gier (im Yoga eins der Kleshas: RAGA). Wie unschön. Von den Schülern bewundert. Botschafter. Wichtig. Als Yogalehrer kann man nur überleben, wenn man beworben wird und überall auftaucht.

Stimmt das wirklich? Nein! Ich nehme Yogastunden in einem Studio, in dem keiner der Yogalehrer Wert auf ultrahippe Kleidung legt. Sie verzichten grosszügig auf irgendwelche Werbejobs, sie wollen einfach nur gute Yogalehrer sein. Angebote bekommen sie genug, sie machen sich nur nichts draus. Trotzdem ist ihre Yogabude jeden Tag so gut gefüllt, daß man früh genug dort auftauchen muss, um ein Plätzchen zu ergattern. Überhaupt würde keiner meiner früheren Yogalehrer jemals für irgendeine Yogafirma Werbung machen, das würde komplett an ihrer Philosophie vorbeigehen. Ich finde, es ist Zeit, darüber nachzudenken, für wen, für was und wieviel Werbung man macht. Was die wirkliche Intention dahinter ist. Ist es, weil ich es liebe, bewundert zu werden, oder weil ich durch meine Werbung mehr Leute erreiche? Nur mal so. Und immer wieder.

Madhavi

Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
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  • holunder
    24. September 2013 at 20:23

    auf den punkt gebracht. danke! dieses rumgebotschafte vermiest einem auch den spass ins studio zu gehen. vergessen die meisten wohl leider auch.
    liebe grüße!

  • Nicole
    26. September 2013 at 15:33

    Danke für diesen Beitrag. Stand kurz vor einer Entscheidung und stehe nun klar dazu nicht rumzubotschaften.

  • Madhavi
    26. September 2013 at 15:34

    Sehr gut!

  • plus size bridesmaid dresses cheap
    14. Dezember 2013 at 9:04

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