Column

Madhavi & das Leben // Ich bin nicht zu bremsen!

8. Dezember 2016
Madhavi Guemoes

Der Dezember eignet sich wunderbar, um sich den unlösbaren Fragen nach dem Sinn des Lebens zu widmen. Oder sich auf Weihnachtsfeiern ins Koma zu saufen. Ich habe für beides momentan überhaupt keine Zeit, denn ich bin dabei,  eine bedeutsame Mission zu erfüllen.

Ich bin wild entschlossen, einen lupenreinen Jahresabschluss hinzulegen. Die Zeit rast. Wie das halt so ist, bleibt viel zu oft etwas Alltägliches liegen. Ungeöffnete (gelbe) Briefe, Rechnungen, die noch nicht beglichen wurden, ach ja, die lästige Steuer, die seit Wochen nach Abgabe schreit. Würde meine Steuerberaterin mal einen Herzinfarkt erleiden, wäre es ganz allein meine Schuld. Außerdem wird ausgemistet, geputzt, bis die Bude glänzt.

Die letzten drei Tage habe ich nun bienenhaft damit verbracht, meine Steuerunterlagen verantwortungsvoll für das gesamte Jahr 2015 zu ordnen. Jeden Schnipsel, jede Zahl studiert. Ich habe mir damit eine richtig gute Zeit gemacht. War fast wie ein ausgedehnter Spa Besuch mit anschließender Lomi Lomi Massage. Kleiner Scherz.

Ich bin nicht zu bremsen!

Ich öffne jeden Brief als wäre er ein Liebesbrief. Besonders die von der GEZ mag ich besonders gern. Die wollen immer Kohle, obwohl ich nie in die Glotze blicke. Nie. Wenn man in Berlin die Briefe der GEZ nicht schnurstracks bezahlt, bekommt man Mahnungen vom Finanzamt. Wenn das nicht hilft, wird auch gern mal das Konto gepfändet. Alles schon erlebt. Ohne Gnade. Das bin ich als Hamburgerin natürlich nicht gewohnt. So ein harsches Benehmen muss man erst einmal verkraften.

Wo war ich stehengeblieben? Ach ja! Ich bin nicht aufzuhalten. Ich will alles erledigt haben. Ich kriege durch meine erhebende Vision gerade wieder so richtig Elan, obwohl ich eigentlich aus dem letzten Loch pfeifen müsste, so am Jahresende. 

Tatsächlich habe ich mich in den letzten Wochen vor all dem Schreibkram gedrückt. Es ist einfach lästig.

Diese Einstellung (und natürlich das ständige drumherum eiern) stiehlt mir unfassbar viel Kraft, sodass ich gar nichts mehr genießen kann. Das geht natürlich nicht. Deshalb habe ich mich besonnen, mir eine schicke Liste gemacht, mit all den ungelösten Ereignissen. Was muss noch erledigt werden, um friedvoll und gelöst ins neue Jahr zu schlittern? Von was oder wen möchte ich mich noch lösen? Ehrlich sein. 

Seitdem ich unermüdlich in meine Angelegenheiten tauche, genau hinschaue,  fühle ich mich so wunderbar beschwingt.  Geordnet. Ein famoses Gefühl!

Erledigt werden muss es sowieso. Ob ich nun meine Augen davor verschliesse oder nicht. Einholen wird es mich allemal. Ich erledige es lieber gleich, und lehne mich dann genüsslich während der Feiertage zurück. Nichts im Hinterkopf. Schlafen wie ein Baby. Vielleicht klappt es vorher ja auch noch mit der Lomi Lomi Massage. So als Belohnung, nä?

Aloha!

© Maria Schiffer

Madhavi Guemoes
Zwischen Turban-Tüchern und Chai jongliert Madhavi Kaur Khalsa ihr Leben in Indien. Als Sikh und Kundalini Yogalehrerin unterstützt sie Menschen auf ihrem Lebensweg mit einer Mischung aus uralter Weisheit und erfrischender Bodenständigkeit. Yoga praktiziert sie seit ihrer Kindheit – was aber, selbstverständlich, rein gar NICHTS zu bedeuten hat. Wenn sie nicht gerade als Aromatherapeutin Nasen verzaubert oder als Podcasterin Ohren mit spiritueller Weisheit füllt, ist ihre Mission klar: Erleuchtung gehört nicht nur auf Berggipfel, sondern auch in den Alltag – zwischen Morgenkaffee und Abendnachrichten!
Madhavi Guemoes on EmailMadhavi Guemoes on FacebookMadhavi Guemoes on Instagram