Seelenfutter

Schreibe deine Geschichte neu!

20. November 2015
Madhavi Guemoes

Letztes Jahr bekam ich von meinem Coach die Aufgabe, meine „Biografie“ zu schreiben. Es wäre ein wichtiger Prozess, meinte sie. Ich war nur semi begeistert, machte mich aber brav an die Arbeit. Tagelang verbrachte ich zögernd vor meinem Rechner und schrieb mühsam eine Seite nach der anderen. Manchmal hielt ich inne, hin und wieder flossen Tränchen.

Ich verewigte mein Leben auf kaltem Computer-Papier, klagte alte Freunde an, meine Eltern, die, wie ich fand, sich noch mehr Mühe hätten geben müssen. Schrieb eine Liste von Leuten, von denen ich mich hintergangen fühlte. Ganz hart schien meine Pubertät gewesen zu sein. Himmel, ich hoffe, meine Kinder werden eine einfachere Zeit erleben.

Beim nächsten Plausch mit meinem Coach musste ich meine Geschichte laut vorlesen, ihr könnt euch sicher vorstellen, wie angespannt ich war. Ich badete regelrecht in meinem negativen Schwall und ertrank bitterlich.

Während ich meine Geschichte vorlas, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte kaum Positives zu berichten, wie erbärmlich. Meine Geschichte enthielt nur düsteren Mist. Auweia!

Ich fühlte mich wie ein kleines Gör, das sich nicht im Griff hatte.

Unnötig zu erwähnen, dass sie verlangte, den ganzen Müll umzuschreiben, nicht? Wie dankbar ich dafür war! Wie oft gibt man den scheußlichen Ereignissen im Leben zu viel Gewicht? Feiert regelrecht die negativen Erlebnisse, als gäbe es dafür am Ende einen Preis zu gewinnen? Das Gute, das einem widerfährt wird oft als Zufall verzeichnet, es ist halt, äh, einfach so passiert. Kein auf die Schulter klopfen und so.

Ich dachte natürlich noch länger über meine Geschichte nach. Und schmunzelte. Folgende Fragen musste ich mir stellen: War es wirklich so, wie ich es erlebt habe? Oder kann ich als Erwachsene differenzierter und klarer – vielleicht sogar liebevoller draufschauen? Wie sehr hatte mich „meine“ Story im Griff und beeinflusste meine Zukunft…

Meine neue Biografie wurde viel heller und leichter, ich erzählte die ganze Geschichte neu, machte etwas Erhabenes daraus. Das fühlte sich so gut an. Ich wechselte die Perspektive. Es war gar nicht so schwer.

Diese Übung hat mir sehr geholfen, mich und meine Umwelt besser zu verstehen. Ein erfüllteres Leben zu führen. Meine Ideen über mich, und mein Leben zu überdenken. Es hat mir die Tür zu meiner Essenz geöffnet. Ich bin der Autor meines Lebens, auch wenn ich das Leben nicht immer in der Hand habe.

Versuchst du manchmal mit „negativen“ Ereignissen Menschen in deinen Bann zu ziehen, um Aufmerksamkeit zu erhaschen? Schreibe dann unbedingt das „Drehbuch“ deines Lebens neu, du wirst sehen, dass sich dein Leben und deine Umwelt auf eine angenehme Art verändern wird.

Probiere es gleich dieses Wochenende aus. In allen Einzelheiten. Schreibe es so, dass du Gänsehaut bekommst! Nimm dir dafür so viel Zeit wie du brauchst, und wenn es ein Jahr dauert.

Love & Rockets,

Madhavi Guemoes

 

 

 

Shirt: Blackvelvetcircus

Foto: Mariaschiffer.com

Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
Madhavi Guemoes on EmailMadhavi Guemoes on FacebookMadhavi Guemoes on Instagram
  • Heike Eichhorn
    20. November 2015 at 10:11

    Wunderbar, ein ganz toller, inspirierender Artikel! Vielen Dank dafür und ein tolles Wochenende für dich!

  • Susanne
    20. November 2015 at 11:34

    Ah Madhavi! I love this & you (of course)

  • Madhavi Guemoes
    20. November 2015 at 17:57

    Danke!! Dir auch ein fantastisches Wochenende. Grüße, Madhavi

  • Madhavi Guemoes
    20. November 2015 at 17:58

    Ohhhhh! Danke <3

  • Dani
    20. November 2015 at 19:35

    Liebe Madhavi, danke für den schönen Eintrag, du hast so recht. Man sieht leider viel zu oft nur das Negative. Ich hatte mal ein nettes Erlebnis. Eine Mutter im Kindergarten erzählte mir, dass ihre Tochter zu Hause nur negatives vom Kiga erzählen würde und wie das denn sein könnte. Ich fragte sie, wie sie darauf reagiert, sie sagte sie fragt nach, redet mit ihrem Kind. Ich fragte sie, wie sie denn reagiert, wenn das Kind etwas positives erzählt? Sie schaute mich an und sagte, na ja, darauf gehe ich dann nicht so ein. Da ist es mir wirklich nochmal bewusst geworden, das Negative bekommt schon bei den Kindern viel mehr Aufmerksamkeit, leider.
    Also ich wünsche dir ein schönes und freudiges Wochenende.
    Dani

  • Madhavi Guemoes
    20. November 2015 at 22:58

    Das ist spannend, dass Du das erzählst. Ich bin ja ein großer Fan von Jesper Juul und versuche meine Kinder auch so zu „erziehen“. Gerade bei positiven Erlebnissen muss man doch genau hinhorchen. Danke für Deine Geschichte. Grüße, Madhavi

  • Edith
    7. Februar 2016 at 17:42

    <3